Auf die Saison 2019 hin wurde der Golfplatz Crans-sur-Sierre stark umgebaut. Der vom legendären Severiano Ballesteros gestaltete Kurs in Crans-Montana bietet jetzt noch spektakulärere Spielbahnen. Ich habe mich kurz vor dem Omega European Masters zwischen den neu angelegten Seen und Sandbunkern versucht:
Ende August bis Anfang September 2019 gastieren im Wallis gleich mehrere hochkarätige Golfstars von Weltformat beim Omega European Masters auf dem neuen Platz.
Deshalb betrete ich den Platz Anfang August mit viel Ehrfurcht: Auf Wikipedia habe ich nachgelesen, wie schwierig der Platz zu spielen sei.
Aber schon auf den ersten Bahnen merke ich, sooo schwierig ist er gar nicht?
Der Platz ist nämlich abwechslungsreich im englischen Parkland-Stil ausgebaut mit Bäumen und Seen und hat nur bei wenigen Löchern Hochgebirgs-Charakter. Rough (hohes Gras) hat es nur an einem einzigen Abschlag.
Entsprechend kann ich mich wieder etwas entspannen und geniesse nicht nur den Platz, sondern auch die prächtige Aussicht auf das Weisshorn oder das Rhonetal.
Später klärt mich Golfplatzmanager Pascal Schmalen dann auf, dass der Rasen für das Profiturnier anders gemäht wird: Nämlich viel kürzer, was die Greens viel schneller macht und dadurch schwieriger zu spielen.
Severiano Ballesteros› Wunderschlag bei Loch 18
In der 80-jährigen Turniergeschichte (!) haben sich auf dem Platz schon viele Szenen und Dramen abgespielt.
Mir gefällt besonders die Geschichte von Ballesteros› legendärem Befreiungsschlag bei Loch 18 von 1993:
Auf dem letzten Abschlag liegt Ballesteros in Griffnähe des Turniersiegs, nachdem er eine phantastische Aufholjagd mit 5 Birdies hintereinander hingelegt hat (Ein Birdie ist ein Schlag weniger als Par. Par ist die Anzahl Schläge, die für das Loch vorgesehen wäre, meist 3, 4 oder 5 Schläge).
Auf der 18. und entscheidenden letzten Bahn verhaut Ballesteros aber seinen Abschlag mit einem Eisen 3.
Sein Ball landet 30 Meter zu weit rechts. Er liegt hinter dem Fairway-Bunker unter den Bäumen an der 2 Meter hohen Mauer zum Schwimmbad.
Für Golfer eine Katastrophe!
Caddy Billy Foster drängt seinen Chef dazu, den Ball konservativ zurück auf das Fairway zu chippen und dann zu schauen, was sein Gegner spielt.
Aber Seve insistiert
You’re the worst caddy I’ve ever had!
und meint, dass er ein tellergrosses Loch sehe zwischen Mauer und Nadelbäumen.
Billy soll ihm das Pitching-Wedge reichen, ein Eisenschläger für eine hohe und weite Flugbahn.
Ballesteros lässt sich die Distanz zur Fahne angeben und spielt einen surrealen Ball an das Green.
Von dort chipped er direkt ins Loch zum 6. Birdie in Folge!
Billy Foster dazu:
It has been the greatest moment of all my years as a caddy.
Was Billy sonst noch zu diesem surrealen Schlag meint:
Dramatischerweise wird Seve dann mit einem Schlag Rückstand hinter dem Engländer Barry Lane doch nur Zweiter, zusammen mit dem Spanier Miguel Ángel Jiménez.
Zuvor hatte Ballesteros das Turnier im 1977, 1978 and 1989 gewonnen.
Als ich vor der Gedenktafel an der Mauer stehe, kann ich mir weder vorstellen, wo der «Stier von Pedreña» – wie der unermüdliche Kämpfer Ballesteros auch genannt wurde – ein Loch gesehen haben will, noch wie er den Ball geschlagen hat…
Unglaublich!
Mein eigener Abschlag bei Loch 18 landet im Sand des Fairway-Bunkers. Das ist das Sandhindernis seitlich der Bahn.
Das macht mir aber Mut, denn dort liege ich immer noch um Welten besser als Seve ;-)
Und tatsächlich bringt mich ein Eisen 8 aus dem Bunker nahe ans Green, so dass ich meine Runde mit einem akzeptablen Bogey (ein Schlag über Par) abschliesse.
Zufrieden lasse ich mich danach im Clubhaus in einen Sessel fallen und geniesse neben der Bergluft erstmal ein Lachsgericht mit etwas Fendant ;-)
Golfturnier Omega European Masters
Turnierdirektor Yves Mittaz (58) ist seit 32 Jahren im Amt. Mit seinem Team hat er in den vergangenen zehn Jahren gegen 20 Millionen Franken in die Umbauarbeiten am Parcours Seve Ballesteros investiert.
Wir müssen den Platz laufend den steigenden Anforderungen anpassen, die das moderne Profigolf mit sich bringt
sagt Mittaz, «doch wir haben nicht den Platz, ihn einfach immer länger zu machen. Also versuchen wir, durch Erhöhung der Schwierigkeit den Ansprüchen der Profis gerecht zu werden. Gleichzeitig muss der Platz auch für Amateure gut bespielbar bleiben.»
Ja, finde ich auch. Dankeschön, es macht total Spass, bei Euch zu spielen ;-)
Herausragend ist beispielweise das Inselgreen mit Naturtribüne beim Par-3 von Loch 13, dem neuen «Signature Hole» oder Wahrzeichen des Golfclubs in Crans-Montana.
Auch neue Seen sowie diverse Bächlein, welche die Fairways queren und in kleine Wasserfälle münden, prägen die moderne Optik des Platzes.
Weniger gut sichtbar sind die neuen Entwässerungsanlagen in den Fairways oder Bodenheizungen unter den Greens.
Für die neuen Fairways und Greens wurden mit 60 Vierzigtönner-Camions nicht weniger als 60’000 m2 Rasen aus München angeliefert.
Nichts, das es nicht gibt…
Der per 2019 umgebaute Platz ist jedenfalls wunderschön geworden!
Freuen tut es wohl auch die meisten andern Greenfee-Golfer, die jährlich rund 14’000 Golfrunden buchen. Neben den Runden der 1’700 Clubmitglieder.
Teilnehmer Omega European Masters 2019
Wegen einer zeitlichen Verschiebung gibt es dieses Jahr keine Terminkollision mit andern Turnieren, so dass das Teilnehmerfeld besonders hochkarätig ist.
Rory McIlroy
Der Nordire Rory McIlroy gehört zu den Superstars der Golfszene. Mit Crans-Montana hat die aktuelle Weltnummer 3 (Stand August 2019) eine Rechnung offen: Zweimal verpasst er den Sieg im Wallis nur knapp, 2008 sogar erst im Stechen gegen den Franzosen Jean-François Lucquin.
Tommy Fleetwood
Der 28-jährige Brite Tommy Fleetwood ist ebenfalls ein Anwärter auf das rote Sieger-Jackett im Wallis. Der Durchbruch gelingt Fleetwood 2017, als er die europäische Jahreswertung gewinnt. An den US Open 2018 muss er sich nur der Weltnummer 1 Brooks Koepka geschlagen geben.
Miguel Ángel Jiménez
«Mister European Masters» Miguel Ángel Jiménez tritt heuer bereits zum 30. Mal im Wallis an. Der extrovertierte 55-jährige Spanier mit der Zigarre im Mundwinkel ist der absolute Publikumsliebling.
Lee Westwood
Der routinierte Engländer und ehemalige Weltnummer 1 Lee Westwood kennt das Wallis bestens: Er ist mit 46 Jahren zum 16. Mal beim grössten Schweizer Golfturnier dabei.
Danny Willett
Der britische Crans-Sieger 2015 Danny Willett gewinnt 2016 gar das US Masters. Danach fällt er aber in ein grosses Formtief. Ende 2018 dann die Erlösung: In Dubai gewinnt Willett die DP World Tour Championship. Seither wartet er auf sein nächstes Highlight.
Sergio Garcia
Der u.a. in Crans wohnhafte Spanier Sergio Garcia kennt den Platz wie kein anderer: Nicht nur ist er Club-Member, er wohnt auch bloss 200 Meter vom Clubhaus entfernt und kommt zu Fuss zum Training.
Matthew Fitzpatrick, Sieger 2017 und 2018
2018 gelingt dem 24-Jährigen Briten Matthew Fitzpatrick die Egalisierung einer Bestmarke: 40 Jahre nach Severiano Ballesteros schafft es Fitzpatrick ebenfalls, das Omega European Masters zwei Mal hintereinander zu gewinnen.
Ob er sich dieses Jahr wohl zum alleinigen Rekordhalter krönen wird?
Weitere Golfplätze im Golfparadies Crans-Montana
1951 baute Crans den zusätzlichen 9-Loch Platz «Les Xirès». Er ist ebenfalls aus dem Klubhaus von Crans-sur-Sierre zu erreichen.
1988 wurde er in «Parcours Jack Nicklaus» umbenannt. Aktuell gibt es Ausbaupläne, um ihn zu einem 12-Loch Platz zu erweitern.
Daneben gibt es noch zwei weitere 9-Loch Plätze, die ebenfalls vom Golf-Club Crans-sur-Sierre betrieben werden und für Anfänger gedacht sind:
- Super Crans, ein kurzer Platz von 916 Metern Länge nahe dem gleichnamigen Hotel in Montana-Vermala
- Noas, ein Übungsplatz mit 1’365 Metern Länge in Chermignon d’en Bas
Herzlichen Dank Sophie Clivaz von Crans-Montana Tourismus für die Einladung zu der Golfrunde! Wir haben den neuen Platz sehr genossen ;-)
Weitere unserer Golf-Reviews finden sich in unserer Rubrik «Golf».