Diesmal dinieren wir in Konstanz am Bodensee. Ich bin nicht sicher, was tragischer endet: Die Geschichte der flotten Imperia, das Schicksal der schönen Ophelia oder unser Fauxpas im Gourmet Restaurant.
Die vollbusige Imperia in der Hafeneinfahrt von Konstanz begrüsst einen hier am Bodensee mit einem Paukenschlag: Die spärlich bekleidete Dame soll die Jungs damals zum Konzil von Konstanz 1414 bis 1418 ganz schön ins Schwitzen gebracht haben.
Entsprechend geknickt und mehr nackt als nicht, sitzen Papst Martin V. und Kaiser Sigismund auf Imperias Händen.
Dass eine derart «flotte Madame» – sie misst doch 9 Meter Höhe und bringt 18 Tonnen auf die Waage – nicht ohne Proteste an so prominenter Lage aufzustellen war, versteht sich von selbst.
Da sie interessanterweise aber auf Privatgrund steht und die Landbesitzer Imperia wohl reizvoll fanden, konnten weder die Konstanzer Kirchen noch die konservativen Stadträte die frivole Statue verhindern.
Und so hat sich das wohl weltweit grösste Denkmal für eine Prostituierte zum Wahrzeichen und zur willkommenen Touristenattraktion entwickelt. Mannen wie Frauen huldigen weiterhin Imperias sagenhaften Kurven…
Nach ein paar Schnappschüssen kratzen auch wir die Kurve und machen uns vom Acker. Schliesslich werden wir im Restaurant Ophelia zum Nachtessen erwartet.
Ophelia ist die andere Schöne der Stadt. Sie entspringt einer Tragödie von Shakespeare, wonach dem verliebten Hamlet nicht gegönnt ist, was sich Päpste und Kaiser während des Konzils angeblich herausnahmen.
Und so treibt die unerwiderte Liebe Hamlets die schöne Ophelia in den Wahnsinn, bis sie sich im Fluss ertränkt.
Meine Güte!
Jetzt kann man sich leicht vorstellen, in welcher Gemütslage Katja und ich uns bereit machen, die Kochkünste von Küchenchef Dirk Hoberg zu ergründen.
Werden wir ob soviel nackter Tatsachen seine 17 Gault Millau Punkte geniessen können? Wird er die zwei Michelin-Sterne für uns vom Himmel holen?
Ophelia Gourmet Restaurant
Um die Spannung vorwegzunehmen: Ja, im Restaurant geht es weiter mit allerlei nackter Haut und üppigen Kurven!
Maria Sagmeister, Kunsthistorikerin aus Bregenz, liess das Restaurant mit zehn Fotografien dekorieren: Nackten Marmor-Skulpturen stellt sie Wildblumen aus der Region gegenüber, eine Symbolik für Schönheit, Zerbrechlichkeit und Menschlichkeit. Ganz so wie die Figur der Ophelia in Shakespeares Hamlet.
Nachdem ich anfänglich also etwas abgelenkt bin, geht es schnell los mit den üblichen guten Grüssen aus der Küche.
Stefanie Heid und ihre zahlreichen Kolleginnen und Kollegen werden nicht müde, allerlei Amuse-Bouches herbeizutragen: Egli vom Bodensee gesellen sich zu Radieschen von der Insel Mainau, Rindertatar mit Trüffel zu Aal im Tempuramantel und einem dekorativ gefüllten Ei.
Dazwischen erläutert der gut aufgelegte Sommelier Werner Hinze wortreich, welchen Müller-Thurgau er uns zum Einstieg empfiehlt.
Wir probieren und nicken wohlwollend. Nicht umsonst ist die Rebsorten-Kreuzung die meistverbreitete in Deutschland…
Nach dieser gelungenen Einführung braucht er wenig Überredungskünste, um uns von der Weinbegleitung des Gourmet-Menus zu überzeugen.
Wir hängen an seinen Lippen und sagen zu allem «ja, gern!» oder auch mal «au ja, unbedingt!».
Dann werden wir noch weiter aus der Küche gegrüsst. Die sind total freundlich hier, das 4-teilige Amuse-Bouche reicht nicht, da kommt noch ein weiteres!
Vom vorgängigen Apéro am Hotelpool und den ersten Gläsern bereits etwas angezählt, lese ich, dass die Amuse-Bouche hier «Amuse-Geule» heissen?
Auf den Tellern finden sich auf jeden Fall plötzlich Bodenseefelchen im Dillmantel mit Spargel, Eis und ihrem Süppchen.
Aufgetischt von nochmal einem anderen Kellner.
Wir verlieren schnell die Übersicht, so zahlreich und flink sind sie hier im Service unterwegs. Einige tragen weisse Hemden oder Blusen, andere kommen in grünen Küchenschürzen vorbei.
Wohl direkt vom Herd?
Die vielen Helfer in Weiss und Grün tragen weiterhin munter Gänge auf – von der Gänsestopfleber, vom Taschenkrebs, roter Garnele, Rochen und Reh.
Ein Teller ist kunstvoller angerichtet als der andere und das Essen schmeckt vorzüglich! Ein grandioses Erlebnis!
Und zu jedem Gang weiss Sommelier Hinze den optimalen Tropfen.
Bereits seit 2009 im Hotel, gebietet er über einen Weisswein-, einen Rotwein- und einen Reifekeller. Die vinophilen Schweizer wüssten das sehr zu schätzen, meint er mit einem Augenzwinkern.
Wir sind begeistert und greifen zum nächsten Glas…
Inzwischen doch einigermassen angeschlagen, erinnere ich mich an unseren eigentlichen Grund des Besuchs: Nämlich einen Review über die Kochkünste von Chef de Cuisine Dirk Hoberg. Beiläufig ruft mir Katja nochmals sein Foto in Erinnerung.
Dann bin ich aber mit einem Schlag hellwach:
Moment! Das war doch der junge Mann mit der grünen Schürze?!
Da wird uns tatsächlich einer der Gänge vom renommierten Küchenchef höchstpersönlich serviert und wir erkennen ihn nicht?!
Pfff, richtigen Food-Bloggern würde das nie passieren! Was für eine Tragödie!
Aber nun ja, so ist die Chance halt vertan und wir trösten uns mit dem feinen Dessert und ertränken unseren Frust im nächsten Glas, einem Muskateller…
Schweren Ganges ziehen wir uns in die Gemächer des angeschlossenen Hotels Riva zurück und knobeln bereits, wer von uns beiden diesen Bericht wird schreiben «müssen».
Tragischerweise ziehe ich den Kürzeren. Hier ist er also! Danke für das Mitgefühl!
Am «Tag danach» holen wir doch noch das obligate Foto aus der Küche nach. Jetzt wissen wir ja, an wessen Fersen wir uns heften müssen.
Und auch Sommelier Hinze spüren wir in seinem weitläufigen Weinkeller noch auf.
Über das Riva – Das Hotel am Bodensee
Majestätisch erhebt sich das moderne, elegante Hauptgebäude des Hotels am Ufer des Bodensees. Daran lehnt sich eine renovierte Jugendstilvilla aus dem Jahre 1909. Sie beherbergt die lukullische wie bukullische Spitzenklasse des Ophelia Gourmet-Restaurants.
Das Hauptgebäude verfügt über elegante, grosszügige Hotelzimmer und einen beheizten Dachpool. Hier lässt es sich bestens ausnüchtern und dann arbeiten ;-)
Restaurantadresse
Ophelia Gourmet Restaurant im Riva Konstanz
Seestrasse 25
78464 Konstanz
Unser Dank geht diesmal…
… an Oliver Sefrin von der Deutschen Zentrale für Tourismus DZT. Er brachte uns mit dem für die Riva Vermarktung zuständigen Markus Otto Graf von Graf’s Kontor zusammen. Der charmante Promotor hatte wenig Schwierigkeiten, uns von den Vorzügen des Riva Hotels zu überzeugen ;-)
Herzlichen Dank auch an Frau Dauwalter für den netten Empfang und die Hotelführung!
6 Kommentare
Nach so ein wunderbares Erlebnis, aussergewöhnliches Menu, ausgezeichnete Weine, schöne Umgebung und gute Bedienung, es ist wirklich tragisch über die Radieschen zu stolpern…
Ja, dass Stolpersteine so klein und rot sein können, war uns bisher nicht bewusst. Aber Mann lernt nie aus! Das nächste Mal recherchieren wir sorgfältiger, bevor wir die Inseln der Locals durcheinanderbringen…
Herzlichen Dank für diesen aufheiternden, ausführlichen Bericht.
Da wir uns in Zukunft bei unseren Konstanzer Freunden nicht lächerlich machen wollen, hier deshalb die unbedingt zu klärende Frage:
Sind es Radieschen von der Blumeninselinsel MAINAU und nicht von der auch über die Landesgrenzen hinaus bekannten Gemüseinsel REICHENAU ????
Sollte es sich wirklich um Mainau-Radieschen handeln, wäre interessant zu erfahren, ob diese evtl. von den Nachkommen des Grafen Bernadotte sogar von Hand geerntet wurden? Womöglich noch von diesen höchstpersönlich im Ophelia natürlich nur an den Küchengott Hoberg übergeben wurden?
Gern geschehen. Wir haben uns beim Schreiben auch bestens amüsiert ;-)
Wobei wir etwas Bedenken hatten wegen der Schilderung von Imperias freizügigem Lebensstil. Dass sich stattdessen das Interesse auf die Radiesschen-Frage konzentriert, ist eine Überraschung. Aber offensichtlich ist die Frage zentral, denn wir möchten auf gar keinen Fall, dass Sie sich bei Ihren Konstanzer Freunden in die Nesseln setzen. Seien die von der Insel Mainau oder Reichenau. Wir haben im Hotel schon mal nachgefragt, ob es denn jemand genau weiss.
Bis die Sache geklärt ist, können Sie bei Ihren Konstanzer Freunden ja allenfalls mit Ihrem Wissen über die gute Konstanze oder die schöne Ophelia glänzen? Und so von den unbekannten Radiesschen ablenken?
Radieschen von der Insel Mainau..?!😉 Da war wohl doch ein Glas in der Weinbegleitung zu viel. Bestimmt war die Insel Reichenau gemeint…
Oh ja, viel Alkohol! Aber nein, er wird natürlich in gesunden, kleinen Portionen ausgeschenkt ;-)
Und zum Amuse-Bouche standen wir zudem noch am Anfang des Gourmet- und Wein-Erlebnisses, hätten es also noch korrekt mitbekommen müssen. Aber wir gehen der Sache nach. Die Inseln liegen ja schliesslich diametral auseinander ;-)