Einmal mit Locals durch die angesagten Bars Zürichs streifen und lässig am Gin nippen? Kein Problem dank der Genusstour von Gastro-Insider Georg Twerenbold. Hier seine Tipps für Gin Bars im Kreis 4 in Zürich.
Georg betreibt die Eventagentur t’nt events und deren Marke Genusstour.ch. Er hat sich auf die Fahne geschrieben, sein gesammeltes Wissen aus Gastronomie, Hotellerie und Tourismus an andere Branchenprofis weiterzugeben.
Während der Food Zürich kommen aber auch wir Laien in den Genuss seines Wissens ;-)
Die Gin-Tour startet diesmal in der Nähe der Bäckeranlage in Zürichs Kreis 4. Los geht’s!
Tipp #1:
Classic Gin & Tonic in der 4 Tiere Bar
Update: Ende April 2024 haben die Betreiber die 4 Tiere Bar leider geschlossen.
In der 4 Tiere Bar haben die Barkeeper und Inhaber Andreas Kloke und Kun Ming Xu das Sagen. Sie sind Herr über 500 Sorten Gin und geben sogar Gin Kurse.
Heute geben sie einen Classic Gin & Tonic aus. Wobei der Negroni in der Gin-Version hätte mich auch noch interessiert…
Den ersten Stopp nimmt Georg zum Anlass, uns in die Geschichte der Gin-Herstellung einzuweihen.
Wie so oft im Leben, handelt es sich auch bei Gin um ein «missbräuchlich» eingesetztes medizinisches Produkt: 1650 entwickelte der holländische Mediziner François de la Boe auf Basis von Alkohol und Wacholder Tropfen gegen Magenbeschwerden.
Das Getränk taufte er «Genever«, eine noch heute oft verwendete Bezeichnung für Gin.
Statt im Krankenzimmer fand der Genever aber eher in holländischen Tavernen reissenden Absatz als alkoholisches Basisgetränk…
Seinen Namen Gin erhielt das Wacholdergetränk später von britischen Militärtruppen, die die trinkfesten Holländer im Spanisch-Holländischen Krieg unterstützten.
Die Erfolgstory besagt, dass der Durchbruch 1738 mit dem Gin Act kam: Erlaubt wurde die Herstellung eines qualitativ schlechten Korns, das sich zwar nicht zum Bierbrauen eignete, aber sehr wohl zum destillieren von Gin.
Allein in London gab es bald mehr als 400 verschiedene Destillerien. Sie belieferten die armen Unterschichten Londons mit einem hochprozentigen, zweifelhaften Gebräu, das manchmal auch noch mit Terpentin versetzt wurde!
Ein schottischer Arzt schützte zu der Zeit Soldaten mit dem Arzneistoff Chinin vor der Tropenkrankheit Malaria. Um dessen Bitterstoffe zu neutralisieren, gab er den Jungs auch Tonic und Gin dazu. Geboren war der Gin & Tonic…
13 Jahre später verbot 1751 ein neuer Gin Act den Destillateuren, ihr Getränk an nicht lizenzierte Händler zu verkaufen. Gin wurde demnach nur noch in grösseren Pubs ausgeschenkt mit ihren besseren Qualitätskontrollen.
Durch den verfeinerten Geschmack kamen jetzt auch vornehmere Gesellschaftsschichten auf den Geschmack von Gin.
Der definitive Durchbruch kam mit der 1832 erfundenen Säulendestillerie und dem entsprechend hochwertigeren London Dry Gin. Neu war die Destillation von reinem Alkohol möglich…
Adresse
4 Tiere Bar
Feldstrasse 61
8004 Zürich
www.viertiere.ch
Von der 4 Tiere Bar ziehen wir entlang der Bäckeranlage zum nahen Helvetiaplatz.
Tipp #2:
Fancy Small Gin Drinks im Café Bank
Das vormalige Post- und später Bankgebäude der Credit Suisse ist heute schlicht die Bank.
Das Logo ist tatsächlich durchgestrichen! Wohl in Anlehnung daran, dass es jetzt eben keine Bank mehr ist?
Das von Bindella & FBM betriebene Café, Bar und Restaurant beherbergt auch die hippe Bäckerei John Baker.
Adresse
Bank
Molkenstrasse 15
8004 Zürich
www.bankzuerich.ch
Hier gibt es die nächsten Informationen von Georg.
Herstellung von Gin
Gin hat den etwas zweifelhaften Ruf, dass man eine Badewanne mit reinem Alkohol füllen kann, etwas Wacholder und sonstige würzige Kräuter dazugibt, und voilà, ein Gin mit Eigengeschmack.
Immerhin, laut Gesetz muss Gin aus Ethylalkohol hergestellt werden. Der Neutralalkohol muss mindestens 96 Volumenprozent haben und destilliert sein aus Getreide wie Gerste oder Mais.
Die entsprechende EU-Verordnung gibt vor, dass der fertige Gin einen Mindestalkoholgehalt von 37.5% aufweisen muss.
Gin wird auf 3 verschiedene Arten hergestellt und aromatisiert: Nachdem der Neutralalkohol destilliert wurde, folgt die weitere Verarbeitung entweder im Kaltauszug, Heissauszug oder mit einer Mehrfacharomatisierung:
- Beim Kaltauszug werden Gewürze und Aromen zerkleinert und dem Gin beigemischt, entweder in Netzen zugesetzt oder angerührt. Das Gemisch zieht dann mehrere Wochen und wird schliesslich gefiltert und verdünnt.
- Beim Heissauszug werden die Aromen und Gewürze ebenfallls zerkleinert, jedoch im 70 Grad heissen Alkohol gekocht, um die Öle der Kräuter in den Gin zu bekommen.
- In der Mehrfacharomatisierung leitet man den Wasserdampf des Alkohols durch Siebe, in denen die Gewürze liegen. Alternativ dazu wird der heisse Alkohol über die Siebe gegossen, wodurch der Distilled Gin entsteht.
Degustation von Gin
Wie beim Wein, trinkt man auch Gin am besten aus einem geeigneten Glas. Viele Kenner schwören da auf einen Whisky Tumbler. Dieses Nosing Glas lässt die Luft optimal zirkulieren.
Die Temperatur hat grossen Einfluss auf die Entfaltung der feinen Aromen des Gins. Deshalb ist es vor dem Tasting wichtig, den Gin auf Raumtemperatur zu bringen (21-22 °C).
Degustiert wird der Gin pur ohne Eis oder Tonic, um den Geschmack nicht zu verfälschen.
Wer übrigens zwischen dem Tasting seinen Geruchssinn im Mund neutralisieren will, nimmt einen Schluck kalten Kaffee oder riecht an frischen Kaffeebohnen.
Diese Methode funktioniert auch beim Degustieren von Wein. Aber anders als beim Weinkelch hält man den Gin im Abstand von 7-10cm vor das Gesicht. Die Alkoholdämpfe sind sonst zu stark.
Und wie beim Wein gilt: Mit der Übung wird man immer versierter darin, die Geschmacksnoten verschiedener Gin-Sorten zu identifizieren.
Die Degustation beginnt man mit reinem, unverdünntem Gin. Dann kann man auch mal ein paar Tropfen Wasser hinzugeben: Die Verdünnung sorgt für eine breitere Verteilung auf der Zunge, womit weitere Aromen spürbar werden.
Zum Abschluss mischt man sich einen Gin & Tonic mit 2 Teilen Tonic und 1 Teil Gin und vergleicht nochmal die verblüffende Geschmacksveränderung.
Wir staunen und ziehen weiter in ein aussergewöhnliches Delikatessen-Haus an der Bäckerstrasse 22 wo uns Georg höchstpersönlich etwas mixed.
Tipp #3:
Pure & Tasty
#Update: Leider wurde das Pure & Tasty am 8. Februar 2020 geschlossen.
Das sehr ansprechend eingerichtete Delikatessengeschäft Pure & Tasty bietet Exotisches wie geräucherte Austern und spanische Orangenküchlein.
Oder mongolischen Wodka und – Schweizer Gin!
Tour-Guide Georg lässt es sich nicht nehmen, uns die Schweizer Gins gleich im Mix-Becher zu erläutern.
Begleitet wird er von allerlei Häppchen. Phantastisch, ich komme wieder!
Adresse
Pure & Tasty
Bäckerstrasse 22
8004 Zürich
www.pureandtasty.ch
(Leider seit 8.2.2020 geschlossen)
Tipp #4:
Gin Highball in der Cinchona Bar des Hotels 25hours Langstrasse
Zum Abschluss des Abends zieht es Georg ins Rotlichtviertel: Wir finden uns am Ende der Europaallee an der berüchtigten Langstrasse wieder. An der belebten Bar des 25hours Hotels bestellen wir einen Gin Highball.
Hier gibt uns Georg den letzten Schliff bezüglich der Herstellung von trockenem Dry Gin und London Dry Gin: Bei ersterem werden Aromen und Gewürze nacheinander beigegeben. Auch Farbstoffe und künstliche Aromen sind erlaubt, aber kein Zucker.
Der Gin schmeckt stark nach Wacholder und etwas Zitrone und ist einigermassen bitter.
Beim London Dry Gin hingegen werden alle Gewürze gleichzeitig beigegeben. Farbstoffe sind nicht erlaubt und nur maximal 0.5g Zucker pro Liter. Das macht ihn besonders würzig.
Und wem das noch nicht reicht, der kann ja immer noch mit «Sexy Bitter» nachwürzen…
Ein herzhaftes Prost in die Runde!
Was es auch noch gibt…
Auch aus dem Hause Genusstour.ch gibt es übrigens eine Kaffee-Tour durch Zürich (hier zu meinem Review). Auch noch interessant…
Und im Güterschuppen in Arosa kam ich in Kontakt mit dem Berner Gingwerer (hier zu meinem Review). Nichts, das es nicht gibt…
2 Kommentare
Es scheint wirklich eine Wissenschaft zu sein…aber 4 Lokale…auf einmal…hauptsächlich habt ihr noch eure Wohnungen gefunden.
Prosit
Ja, aber als erfahrene «Profis» des Fachs haben wir natürlich nicht alle Drinks ausgetrunken ;-)