Vegetarisch bis vegan liegen bekanntlich zwar voll im Trend. Dem Food-Team im Hotel Widder schien das aber Wurscht: ihr Designhotel mit Metzgerherkunft bietet auch ein Eldorado für Fleischliebhaber!
Gastgeberin Angela Fahs empfängt Fleischbegeisterte in ihrem Reich AuGust Restaurant Boucherie. In authentisch französisch angehauchtem Ambiente «ohne Prunk und Plüsch», so Architektin Tilla Theus, speist man sich durch alle essbaren Teile, die unsere Fleischzucht so hergibt.
Im Stile einer noblen Metzgete führt der international mit Auszeichnungen überhäufte Schweizer Starchef Dietmar Sawyere von Bündner Trockenfleisch oder Walliser Rohschinken über Terrinen sowie Fleischkäse (extra schmackhaft!) zu währschaften Kümmi- oder Kalbsbratwürsten (sind tatsächlich eine Spur feiner als andernorts!). Das Ganze kulminiert allenfalls in Kutteln, Kalbsnierli, Schwartenmagen und Blut- und Leberwürsten.
Den beiden Letztgenannten konnte ich ausnahmsweise nicht entsagen, nachdem bereits alle andern Charcuterie-Versuchungen ausgezeichnet gemundet hatten. Und das, obwohl zur Einstimmung ein auf der Zunge flüchtiger Pata Negra Schinken eine schier unübertreffbar scheinende Messlatte gelegt hatte…
Wenn die lieben Kollegen Vegetarier da bloss nicht etwas verpassen!
Aber klar, auch den weniger Eingefleischten werden Fruits de Mer und etwas Fisch geboten.
Und auch der Lachs ist äusserst zart und steht seinen fleischlichen Antipoden in nichts nach.
Ehrensache…
Les Desserts
Auch zum Dessert wird nicht mit der kleinen Kelle angerichtet: Die Cremeschnitte gibt es gleich mal am sprichwörtlichen Meter… Nach so einer gewaltigen Schlachtplatte müsste das reichen. Da geht keiner mehr hungrig vom Tisch!
Dabei schwört Hoteldirektor Brucker auf kleinere Portionen. #findiguet
Entsprechend gibt es die Entrées in einer kleinen und grossen Portion, die Hauptgerichte in den Grössen 50, 100 oder 200 Gramm. Sehr kundenfreundlich!
Und sogar die Preise sind gemessen an Qualität und zentraler, nobler Lage vergleichsweise sehr moderat.
Ohne mich gross aus dem Fenster zu lehnen: Ich prophezeie ein volles Haus!
Oft meinen sie heute in guten Restaurants, mit überdimensionierten Portionen etwas Gutes zu tun. Das ist zwar lecker, danach ist aber mit vollem Magen kaum noch an Schlaf zu denken. Wobei man so natürlich das Hotelzimmer nachts überhaupt geniessen kann und nicht einfach den geldwerten Teil verschläft. Auch wieder praktisch…
Gestaltung von Hausarchitektin Tilla Theus
Die zum Teil martialisch anmutenden Ornamente an den Wänden – Äxte und Messer – stammen aus dem vormaligen Metzgermuseum. Dieses wurde aufgelöst, weil jetzt das Gym des Hotels dort untergebracht ist, nachdem es selber den Plänen für das neue Restaurant weichen musste.
Solcherlei Rangements gestalten sich im Hotel Widder wegen der engen Platzverhältnisse in die Unterwelt, nachdem ja auch auf der Dachterrasse nichts mehr zu machen ist. So befindet sich die Hauptküche entsprechend im 3. UG, die Lüftungsanlage im 5. UG…
Wenn man da bloss nicht mit dem Grundwasser in Konflikt kommt! Aber Stararchitektin Tilla Theus wird es im Griff haben. Sie plant ja auch schon seit 30 Jahren (!) für das Hotel Widder.
Mit viel Gefühl für den Ort und die Historie entwirft sie immer wieder filigrane und praktische Elemente. Besonders augenfällig sind im AuGust die eigens entworfenen, an Schienen befestigten Deckenleuchten.
Die sonst auch für Fleischerhaken geeigneten Stangen finden sich überall im Restaurant in wechselnder Funktion. Der eigentliche Clou an den Deckenleuchten ist aber ihre Verschiebbarkeit entlang den Stangen und Stromschienen: So lässt sich das Restaurant flexibel umdekorieren mit mehr oder weniger Tischen, aber immer einer passenden Lampe dazu.
Denn raffinierterweise liess sich Hoteldirektor Brucker von der Stadt Zürich eine Terrasse auf dem Rennweg gewähren, nachdem er keine Bäume setzen durfte. Im Sommer kommen wir also in den Genuss eines Strassenrestaurants, weshalb im Innern weniger Tische gebraucht werden. Die Fenster sind praktisch ebenerdig zu öffnen, der Zugang auf die Terrasse erfolgt durch die im Winter als Garderoben genutzten früheren Türen. Ganz schön ausgeklügelt!
Wohl bekomm’s den Freunden der fleischlichen Lüste!
Und falls jemand nach dem allzu herzhaften Zulangen nicht mehr nach Hause käme, im «restauranteigenen» Widder Hotel ist man natürlich bestens aufgehoben!
Wir haben hier ein paar der Hotelzimmer porträtiert. Da jedes anders ist, können wir schlecht von «Zimmertypen» sprechen, respektive schreiben, aber erstaunlicherweise finden sich im Angebot nicht nur historisch geprägte, pittoreske und aufwändig renovierte Zimmer, sondern – wer hätte es gewusst? – auch zweistöckige, luftige Unterkünfte, die einem New Yorker Designerloft in GAR nichts nachstehen. Ihm potentiell aber in Sachen Dachterrasse allenfalls sogar überlegen sind…
2 Kommentare
Ich werde hungrig nur von lesen, für Omas sehr wichtig kleine Portionen und auch Fisch als Abwechslung…mmmh!
Ja, die Portionen sind tatsächlich «vernünftig» und aber wenn schon denn schon, sollte man sich ans Karnivore halten. Davon hat es genügend Auswahl…