Schloss Schauenstein im bündnerischen Fürstenau bildet die Kulisse für die spektakulären Kochkünste von Andreas Caminada. Was weniger bekannt ist: Im Gourmet-Restaurant würde gern ein Anderer die Kochlöffel schwingen. Das will ich genauer wissen…
Auf der Hinfahrt zum Schloss Schauenstein im Domleschg kommen wir ob all den Bündner Schlössern und Ruinen ins grübeln, ob es in Schloss Schauenstein wohl auch spukt und es ein ausgewachsenes Schlossgespenst gibt? Wie in so vielen anderen Schlössern?
Wikipedia belehrt uns noch auf der Autobahn, dass Schloss Schauenstein auf die Cousins Rudolf und Johann Rudolf von Schauenstein zurückgeht und auf das Jahr 1670. Oder zumindest der Name. Denn das Schloss gab es schon länger im Besitz des Bischofs von Chur.
Wir machen uns also auf eine gehörige Portion Geschichte gefasst in Fürstenau, der kleinsten Stadt der Welt: Obwohl nur 350 Einwohner zählend, erhielt das Dörfchen 1354 das Stadtrecht!
Das bedeutet vermutlich auch viel Mittelalter-Groove, denn die Fotos auf der Schauenstein-Website glänzen mit hölzern gestreiften Fauteuils alter Prägung.
Bald schon treffen wir beim vielgerühmten Sternekoch Andreas Caminada zum Mittagessen ein.
Restaurant Schloss Schauenstein
Beim Betreten des Schlossgartens machen wir verwundert Bekanntschaft mit allerlei mysteriösen Skulpturen: Sie machen ganz den Anschein, als stünden sie im Zusammenhang mit dem Schlossgeist. Wir sind auf jeden Fall schon total im Film «Das kleine Schlossgespenst».
Vorsichtig um uns lugend nehmen wir die Treppen in den Piano Nobile, schielen durch die massige Eingangstüre und werden umgehend herzlich in Empfang genommen, bevor die Türe hinter uns ins Schloss fällt.
Soweit kein Schreckgespenst, alles gut: Uns fällt ein Stein vom Herzen! Wahrscheinlich haben wir uns etwas zu sehr in die Geisterstory hineingesteigert.
Man geleitet uns in einen der beiden Restaurantsäle. Das Dekor ist vornehm dunkel und elegant. Sommelière Anna Jung erkundigt sich erst nach Wasser, bevor sie später den Schlüssel zum Schlossweinkeller für uns herumdreht.
Ich erkundige mich bei ihr, wer denn heute koche. Als vielgereister Gourmetblogger weiss ich um die vielbeschäftigten Starköche mit mehreren Restaurants: Die können ja unmöglich überall gleichzeitig sein und lassen jeweils ihre Sous-Chefs wirken. Sie scheint die Frage nicht zu verstehen und gibt nur zurück, dass die Küchenbrigade ganz normal mit 13 Mann bestückt sei.
Ich insistiere nicht, bin ja eben erst angekommen, aber ich werde schon noch herausfinden, wer heute für uns hinter dem Herd gewirkt hat. Wahrscheinlich ja nicht der Schlossgeist?
In schneller Abfolge geht es jetzt los mit allerlei Grüssen aus der Küche. Damit hatten wir gerechnet, als wir uns für das 4-Gang Menu entscheiden und uns nicht vom 5-Gänger verführen lassen.
Ich verliere trotzdem schnell die Übersicht über die verschiedenen Apéro-Häppchen aller Couleur und Temperatur und bin dankbar, dass ausser der Bedienung auch Tischkärtchen erklären, was sich in all den wundersamen Formen und Schäumchen versteckt.
Dann folgen zwei Gänge an Amuse-Bouches. Beide angenehm klein, so dass man sich den Appetit für den 4-Gänger nicht ruiniert. Weil der beginnt ja erst noch!
Offensichtlich haben die Mannen in der Küche ihr Handwerk im Griff: Nicht nur kommen die hochdekorierten Teller mit dem Geschmack von 19 Gault Millau und 3 Michelin Sternen auf den Tisch, auch der Takt ist perfekt auf uns abgestimmt!
Der lange Schatten des Andreas Caminada
Die Vor- und Hauptspeisen munden ausservorzüglich. Wie sie genau schmecken, ist bei Foodblogger David Schnapp von Das Filet nachzulesen. Der beschreibt das kulinarisch präziser als ich…
Nach so viel Esskunst erkundige ich mich noch vor dem Kaffee und seinen Pralinen, ob ich auch in der Küche ein paar Schnappschüsse knipsen darf.
Es nimmt mich ja schon brutal wunder, wer denn heute Caminadas Menus umgesetzt hat!
Doch dann – bevor ich mich erheben kann – steht er da!
Mitten im Raum.
Kochsuperstar Andreas Caminada!
Top-50 der Welt.
Höchstpersönlich!
Katja verliert kurz die Fassung, renkt sich dann aber einigermassen schnell wieder ein, als er uns am Tisch begrüsst.
Und so trifft es sich, dass ich den Schlossherrn persönlich nach dem spukenden Schlossgespenst frage. Natürlich nur zum müden Scherz, ist ja klar.
Aber Caminada gibt umgehend zurück:
Unser Schlossgeist? Pantaléon?
Klar gibt’s den!
Schluck?!
Mit verstohlenem Blick über seine Schulter und einem Flüstern drückt er uns vertraulich sein neustes Projekt in die Hand, «Caminada Documenta»: Ein zweimal im Jahr erscheinendes Rezeptmagazin.
Eilig schlage ich nach. Und tatsächlich! Schriftsteller Gion Mathias Cavelty hat dem 500-jährigen Schlossgeist Pantaléon nachgespürt. Ein beklemmendes Gefühl beschleicht mich, als ich lese, dass Pantaléon stinksauer ist auf Caminada und es satt hat, in seinem Schatten zu stehen. Angeblich sägt er an Caminadas Thron, um selber eines Tages wieder die Kochlöffel im Schloss zu schwingen.
Na, wenn da der Haussegen nur nicht schief hängt!
Aber schreiten wir jetzt endlich zu Kaffee und Pralinen! Mit Vorteil im Obergeschoss entweder in der Bar oder im Fumoir, je nach Rauchpräferenz.
Schloss Schauenstein: «Ich bin auch ein Hotel»
Wir sind bewusst zum Mittagessen aufgekreuzt in der Meinung, dann mehr schlemmen zu können als am Abend.
Da wussten wir aber zwei Dinge nicht: Erstens frönt man hier nicht der Völlerei, sondern fühlt sich auch nach unzähligen Gängen noch leicht wie eine Feder.
Und zweitens verdienen die Hotelzimmer nicht mein vermeintliches Prädikat «hölzern gestreift», sondern vielmehr «grosszügige Designersuiten»!
Wie sich Pantaléon hier unter dem Schlossdach eingenistet hat, ist schlicht sensationell für einen 500-jährigen Kerl!
Bravo, bien joué!
Adresse
Wer sich auch auf Gespensterjagd begeben will:
Schloss Schauenstein Restaurant Hotel
Schlossgass 77
CH-7414 Fürstenau
Telefon: +41 81 632 10 80
E-Mail: kontakt@schauenstein.ch
Reservation: schauenstein.ch
Wer sich beeilt, kann sogar das ganze Schloss käuflich erwerben: Gemäss Bilanz ist es per Februar 2022 zum Verkauf ausgeschrieben!
Neben Caminada bietet auch Gratian Anda von The Living Circle (Link zu meinem Review) mit. Das Hotel und sein Restaurant würden perfekt in dessen Portfolio passen mit Widder und Storchen in Zürich und Castello del Sole in Ascona (Links zu meinen Reviews).
Auszeichnung The World’s 50 Best Restaurants
Wer bis hierher nicht genügend Caminada geniessen konnte, versucht sich am besten in seinen Restaurants IGNIV Bad Ragaz oder St. Moritz oder Zürich. Da kochen andere Talentierte in seinem Geiste ;-)
Preise
Die Menupreise beginnen pro Person bei CHF 200.- für einen 3-Gänger, der 6-Gänger kommt auf CHF 261.- zu stehen.
Die Zimmerpreise beginnen bei CHF 370.- werktags und CHF 390.- am Wochenende pro Zimmer und Nacht, die Suiten sind ab 580.-, respektive 600.- zu haben. Die luftige Turmsuite kostet 660.- oder 680.-, das zusätzliche Turmzimmer – wahrscheinlich zu teilen mit Pantaléon – weitere 180.-
Das Frühstück vom nächsten Morgen schlägt mit 42.- pro Person zu Buche.
Öffnungszeiten
Mittag: Donnerstag bis Sonntag ab 12.00 Uhr
Abend: Mittwoch bis Sonntag ab 19.00 Uhr
2 Kommentare
Super Bericht. Man merkt, dass jeder Punkt gut verdient ist. Schöne Räume, appetitliches Essen. Und ein Schloss Gespenst dazu! Kein Wunder das Ort ist soooo berühmt.
Ja, von nichts kommt nichts, hier steckt viel Arbeit im Detail!