Im Hotel Valsana in Arosa werden wir erstmals auf den Schweizer Innenarchitekten Carlo Rampazzi aufmerksam. Nach einem Besuch im Hotel Eden Roc in Ascona, das ebenfalls die Handschrift Rampazzis trägt, mussten wir den Designer einfach mal persönlich kennenlernen.

Wir finden uns vor Rampazzis Elternhaus wieder im Vicolo Ghiriglioni 3, einer malerischen Seitengasse von Ascona, einen Steinwurf von der belebten Seepromenade entfernt.

Katja Birrer in Ascona in der Vicolo Ghiriglioni beim Atelier Selvaggio
Katja im Vicolo Ghiriglioni beim Atelier Selvaggio

Die vielen Mieter von damals sind draussen. Jetzt beherbergt der Palazzo Rampazzis Atelier «Selvaggio», seine private Wohnung und einen üppigen Garten.

Rampazzi erwartet uns bereits vor seinem Atelier.

Walter fällt fast die Kamera aus der Hand, als er Rampazzis Hose und die Boots dazu erspäht.

Und sagen kann er auch gerade nichts mehr (was doch eher selten vorkommt…). Ich übernehme die Begrüssung und lasse uns ins Innere bitten. Ungläubig trottet Walter hinterher.

Carlo Rampazzi vor seinem Atelier
Mit der Allüre eines ägyptischen Priesters: Star-Designer Carlo Rampazzi vor seinem Atelier Selvaggio
Türknauf im Atelier Selvaggio von Carlo Rampazzi
Die Tür zu Rampazzis Reich

In Rampazzis Wirkungsstätte türmen sich überall farbige Stoffe mit allen möglichen und unmöglichen Mustern, gewagte Möbelstücke, kitschige Einrichtungs- und Dekorationsgegenstände, opulente Leuchten und bunte Plüschtiere.

Letztere als wilde Mischung eines Leoparden-Tigers in Form eines Teddy-Bärs mit grünen Füssen…

Showroom Atelier Selvaggio von Carlo Rampazzi
Showroom mit Leopard-Tiger Teddy-Bär

Bis Walter sich wieder einrenkt und mit Knipsen anfängt, frage ich, wie es zu Rampazzis steiler Karriere als Innenausstatter kam?

Geschichte des Selvaggio Ateliers von Carlo Rampazzi

Der Architekt und Designer erzählt uns, wie er schon als junger Mann seine Leidenschaft für Möbel und Farben entdeckte.

Als er damals von einer Möbelmesse in Mailand hörte, fuhr er unbeschwert hin und bestellte etwas grossspurig seine ersten paar Möbel – nicht sehr zur Freude seiner Eltern, denn die Rechnung liess er ihnen zukommen.

«Meine Eltern gaben mir dennoch das Geld, um meine Firma zu gründen – unter der Bedingung»:

Dies ist das erste und letzte Startkapital – Und lass› unseren Familiennamen aus dem Spiel!

erzählt der gut aufgelegte Farbgewaltige und schüttelt sich vor Lachen.

Also nannte er seine Designfirma Selvaggio (auf deutsch «wild») – was mich, nachdem ich etwas mehr über den exzentrischen Paradiesvogel weiss, nicht allzu weit hergeholt dünkt ;-)

Atelier Selvaggio Carlo Rampazzi
Einigermassen wild: Hochhackiger Plateauschuh Selvaggio Stil

Ich bin jedenfalls überrascht, wie der renommierte Stardesigner uns völlig offen und humorvoll durch sein Atelier führt, uns seinen Bürotisch zeigt und sich immer wieder für sein Chaos entschuldigt. Weil er gerade ein paar Wände neu streichen möchte, steht in seinem Atelier in der Tat alles ziemlich Kopf.

Sein Bürotisch ist übrigens der grosse ohne Computer. Den beherrscht er nämlich nicht und überlässt die digitale Kommunikation seinen Mitarbeitern, wie wir später feststellen.

Bürotisch von Carlo Rampazzi im Atelier Selvaggio
Bürotisch von Carlo Rampazzi. PCs stehen bei den Angestellten…
Architekturzeichnung im Atelier Selvaggio Carlo Rampazzi
Architekturzeichnung
Showroom im Atelier Selvaggio von Carlo Rampazzi
Vollgestellter Showroom

Dann geht es weiter im Innenhof seines Studios, wo weitere Designstücke herumstehen.

Der üppige Garten dient ihm auch mal als Meditationsraum und Inspirationsquelle. Kein Wunder fallen bei ihm so viele Designelemente grün aus…

Carlo Rampazzi im Garten seines Ateliers
Rampazzi im Innenhof seines Studios

«Schaut euch ruhig um», sagt er, bevor er mit einer luftigen Handbewegung in den oberen Stock wirbelt. «Ich komme gleich wieder.»

Endlich kann ich meinem Gesichtsausdruck über die verrückten Kreationen Rampazzis freien Lauf lassen. Du meine Güte!

Auch Walter nimmt die Kamera vom Gesicht und schaut mich mit grossen Augen an…

Allmählich wird mir bewusst, dass man ein solch opulentes und maximalistisches Design nur entwerfen kann, wenn man etwas verrückt ist.

Oder ein Genie!?

Moden oder Trends folgt der Architekt jedenfalls nicht. Viel eher lässt er sich von Farben und Mustern leiten. Und seinem Gefühl: Er spüre die richtigen Farben halt eben.

Na, da fühlt er mehr als ich.

Mittlerweile hat auch Walter sein Italienisch wiedererlangt. Er möchte wissen, wodurch sich Rampazzi inspirieren lasse. «Durch die Gespräche mit den Leuten», erklärt der Tessiner. Farben seien extrem wichtig im Leben. «Ohne Farben, keine Freude».

Seine Lieblingsfarbe sei übrigens orange (wir hätten wetten können, sie sei grün…).

Stehleuchte und Farbmuster Atelier Selvaggio Carlo Rampazzi
Stehleuchte und Farbmuster
Farbiger Showroom Atelier Selvaggio Carlo Rampazzi
Farbiger Showroom mit gelber und grüner Wand
Grüner Stuhl mit pinkem Kissen im Atelier Selvaggio Carlo Rampazzi
Und noch mehr Grün…

Die Tschuggen Hotel Group, seit drei Generationen im Besitz der Familie Kipp-Bechtolsheimer, ist seit Jahrzehnten(!) Kunde von Rampazzi. Nicht nur im Luxushotel Eden Roc, sondern auch im Carlton Hotel St. Moritz oder neulich im Valsana Arosa gestaltete der Desiger das Interieur der Zimmer und Suiten.

Auf die Frage, wie es sich mit der jüngeren Generation des Kipp-Imperiums arbeiten lässt, meint Rampazzi:

Sehr gut, ich bin ja auch jung!?

Als er (noch) jünger war, habe er immer gerne mit älteren Personen gearbeitet, um von ihrer Erfahrung zu profitieren. Heute schätzt er die Zusammenarbeit mit den Jungen. Das halte auch ihn jung, gibt er sich überzeugt. Gemessen an seinem Temperament und Wendigkeit ist er auf jeden Fall gut in Form. Complimenti!

Büste im Atelier Selvaggio von Carlo Rampazzi
Büste im Kleid aus Krebsen
Atelier Selvaggio Carlo Rampazzi
Krone des ungekrönten Königs von Ascona?

Nach diesem Gespräch sind Walter und ich vom ungekrönten Designkönig Asconas ziemlich fasziniert. Bei der Verabschiedung fällt Rampazzi uns herzlich um den Hals und bedankt sich für den Besuch und für das schöne Lächeln, das wir ihm geschenkt hätten.

Ich fühle mich geschmeichelt und beginne zu verstehen, wie man sich durch den Stardesigner mit seinen verrückten Kreationen und farbigen Ideen in den Bann ziehen lassen kann.

Und allenfalls seine Wohnung oder Hotel einrichten lässt. Ich überlege es mir noch ein bisschen…

Katja mit dem Tiger-Leoparden-Bär
Der Tiger-Leoparden-Bär kommt schon mal mit!

Adresse

Selvaggio SA – Architetto Carlo Rampazzi
Vicolo Ghiriglioni 3
6612 Ascona

Telefon: +41 91 785 19 10
Fax (!): +41 (0)91 785 19 19

Mehr Informationen:
www.carlorampazzi.com

info@selvaggio.ch

Wer den Designer in Paris besuchen will, halte sich an die Gallerie „NOI Paris“. Mit «noi» sind Rampazzi selber und der Dekorateur Sergio Villa gemeint. www.noiparis.com

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Katja Birrer liebt es, neue Länder und Kulturen zu ent­decken. Als Fach­spezia­listin in der Unter­nehmens­­-Kommu­nikation gehört Schreiben zu ihrem Alltag. Sie koordiniert und organisiert nebenbei die zahlreichen Reisen und Aus­flüge von reisememo.ch und ist Mitglied bei den Swiss Travel Communicators STC.

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