Der Swiss Travelwriters Club interviewte 4 Reisebegeisterte über ihre Informationsgewohnheiten bezüglich reisen. Anhand von Videos wurden ihre Präferenzen präsentiert, anschliessend diskutierten die Podiumsteilnehmer Dr. Walter Hagenbüchle, Ressortleiter Beilagen NZZ, Peter Brun, Head of Corporate Communications Kuoni, Frank Senn, Leiter DOK-Serien SRF unter der Leitung von Monique Rijks, unterstützt von Roger Zedi.
Videostatements
62 jährige Journalistin, bereiste zuletzt Arktis, Spitzbergen, Island und hatte die Informationen aus der Coop Leserzeitung: «es war genial». Liest Reiseberichte, die Verborgenes zeigen: NZZ, Tagesanzeiger, Annabelle. Bewahrt interessante Artikel auf und recherchiert zusätzlich im Web.
45-jährige PR-Spezialistin, war zuletzt erstmals in Korsika, inspiriert durch die Schwiegermutter. Liest bevorzugt Berichte von andern Schweizer Reisenden wegen des gleichen kulturellen Hintergrundes und ähnlichen Ansprüchen. Findet es normal, dass sich Journalisten auf Reisen einladen lassen.
23-jähriger Bauingenieurstudent. Recherchiert im Web, nie in Zeitungen, manchmal in Blogs für In-Spots. Interessiert es nicht, ob der Journalist eingeladen war oder nicht.
Alle erwarten persönliche, gut recherchierte Artikel mit Tipps zu Hotspots oder speziellen Hotels. Hintergrundinformationen sind etwas weniger wichtig, die Reportage soll nicht schulbuchmässig sein.
Weitere Interviewausschnitte finden sich auf der Website des Swiss Travelwriters Clubs.
Podiumsdiskussion
Peter Brun, Kuoni
Kuoni hat einen Ferienreport publiziert: 68% informieren sich vorgängig, bevor sie eine Reise antreten. Bei den Älteren sind es 76%.
Bei Kuoni hat man nach Reisesendungen am Fernsehen mehr Informationsanfragen über die entsprechenden Destinationen.
Wenn Kuoni Reisen ausschreibt, dann kommt nicht mehr unbedingt ein Reisejournalist mit, sondern «nur» noch ein lokaler Schreiber. Entsprechend sind die Berichte manchmal nicht mehr so vertieft wie von den Lesern erwartet wird.
Kuoni veranstaltet aufwendige Medienreisen für Journalisten von bekannten Medien, «da weiss man was man hat». Bei Bloggern weiss man (noch) nicht, was als Resultat zurückkommt. Bekannte Schweizer Reiseblogger gibt es noch sehr wenige.
Aus der mehrjährigen Zusammenarbeit hat Kuoni bereits eine bestehende Liste von A- und B-Journalisten und ihren entsprechenden Medien mit Wochen- oder Tagesblättern.
Kuoni versucht z.B. für bildstarke Medien, gute Fotografiegelegenheiten anzubieten. Man organisiert dem Journalisten viel Content. Alles was dann jeweils im Reiseprogramm aufgeführt wird, ist bezahlt. Extras bezahlen Journalisten selber.
Ein Sponsoring von Fernsehsendungen ist für Kuoni weniger attraktiv, weil der Reiseveranstalter meist nur im Abspann genannt wird. Dabei kommen die Interessierten nach einer Reisesendung im Fernsehen ohnehin ins Reisebüro.
Frank Senn, SF Dok
Die Reisesendungen wurden auf Serien von 6 Sendungen reduziert. SF Dok möchte journalistischer arbeiten und strahlt deshalb freitags um 21 Uhr aus. Man versucht dort Information mit Unterhaltung zu mischen.
Die Zuschauer sollen über 4-5 Serien gefangen werden: Über die Seidenstrasse nach China berichtet man beginnend in Venedig, weil auch Marco Polo hier startete.
Die Zuschauer lassen sich von der Serie inspirieren, es soll eine längere Reise präsentiert werden.
Die SF-Mitarbeiter lassen sich nicht einladen, um ihre journalistische Freiheit zu wahren.
Mit Arte oder ZDF und Servus TV werden Kooperationen angestrebt, um die Kosten zu teilen.
Walter Hagenbüchle, NZZ
Der Spardruck ist enorm. Dennoch haben Walter Hagenbüchle und NZZ den Anspruch, einen vollen Reiseteil anzubieten. Dabei steht man in grosser Konkurrenz zu den Kernressorts. Heute steht nur noch eine 100%-Stelle zur Verfügung, um die journalistischen Reiseleistungen zu erbringen. Die meisten Beiträge stammen von freien Mitarbeitern und werden für eine Zeitungsseite noch mit 500 bis 700 Franken honoriert.
NZZ erhält aus dem deutschsprachigen Raum viele Dumping-Anfragen für Pressereisen. Die deutschen Autoren kennen die Schweizer Medienwelt aber nicht, der Schnellere kriegt den Zuschlag.
NZZ hat einen Hotelblog mit filmischen Übernachtungen eingeführt. Niemand weiss aber, wohin die «Reise» geht mit dieser Art der Berichterstattung: Wie wirkt dies auf den kleinen Bildschirmen? Passt es zur Marke NZZ?
Professionellen Berichten wird man nicht ansehen können, ob der Journalist eingeladen war oder nicht. Müssten die Journalisten alle Kosten abrechnen, könnten sich Medienhäuser Reiseteile nicht mehr lange leisten. Bargeldbezahlungen sind aber trotzdem verpönt.
Handkehrum verdienen freie Mitarbeiter so wenig, dass sie einen finanziellen Zustupf annehmen können sollten. Journalisten erhalten schliesslich auch verschiedene Goodies und Besserbehandlungen, wenn sie Produkte testen oder halt in der Business-Class sitzen, statt in der Eco.
Tourismusreisen werden manchmal mit privaten Ferienreisen kombiniert. Dann wird ein Teil der Spesen vom Verlag übernommen.