Brixen – oder Bressanone, wie die Südtiroler Stadt auf Italienisch lautmalerisch heisst – ist in unseren Kreisen die Unbekannte hinter prominenteren Ortschaften wie Meran oder Bozen. Bei mir jedenfalls kommt die Stadt erst auf die Landkarte, als ich im nahegelegenen Baumhaus «MyArbor» Bäume ausreissen will. Davor muss ich mich noch etwas stärken…
Auf dem Bummel durch Brixen packt mich wie so oft der akute Hunger. Diese Art von stechendem Hunger, den nur Männer kennen. Derjenige Hunger, bei dem Mann sofort etwas zu essen braucht!
Frauen, die jetzt die Augen verdrehen, wissen genau, welchen ich meine…
Auf dem Domplatz fotografierend dämmert es mir, dass Katja und ich diesmal ja gar keine Restauranttipps erkundet hatten? Na, dann kann es ja heiter werden, sooo gross ist Brixen nämlich nicht…
Vom Domplatz her schlurfe ich also mit langsam schwindenden Kräften durch die engen Gassen der Altstadt.
Katja tut das, was sie in solchen Situationen immer tut: Sie hält nach dem nächstbesten Restaurant Ausschau. Ich gucke auch, so gut ich noch kann.
Nach wenigen Schritten stossen wir auf ein mittelalterliches Restaurant mit dem wenig verheissungsvollen Namen «Finsterwirt»!
Oder auf Italienisch fast noch bedrohlicher: «Oste Scuro»! Immerhin scheinen sie kürzlich die Fassade renoviert zu haben.
Da mir keine Wahl bleibt, dränge ich durch die Tür. Egal jetzt.
Katja hinterher.
Allenfalls schon leicht von Sinnen stelle ich drinnen fest, dass das Restaurant nicht mehr «Finsterwirt» heisst, sondern «Vitis»?
Und besonders finster wirkt es auf mich auch nicht, sondern eher stylisch und elegant? Aber Hauptsache es gibt etwas zu essen.
Wir werden vom Kellner freundlich an der Weinbar in Empfang genommen und offenbar sehe ich schon so ausgemergelt aus, dass er uns ohne Umschweife in den Innenhof an einen schattigen Tisch setzt.
Mir geht es schon wieder besser. Aus den Gerichten der Mittagskarte wähle ich den Vitis Salat. Essen, das so heisst wie das Lokal, muss ja schliesslich etwas können.
Auch labe ich mich schnell mal an einem Pinot Grigio aus der Gegend, Katja nippt erleichert an ihrem Sauvignon Blanc. Unauffällig mache ich mich über das Tischgedeck her mit seiner Brotvariation.
Es geht mir definitiv besser.
Als dann der raffinierte Vitis Salat für Stimmung und Energie sorgt, sind die gröbsten Sorgen erst mal weg.
Ich greife frisch gestärkt wieder zur Kamera und erkunde das Haus. Denn was soll die Geschichte mit diesem Finsterwirt?
Vitis – Vinothek und Restaurant mit Ambiente im Herzen von Brixen
Vitis ist Latein und heisst übersetzt Rebe. Ein sinniger Name für eine Vinothek, die Weine zum Degustieren und Kauf anbietet. Die edlen Tropfen stammen aus dem Eisacktal, Südtirol, Italien und der ganzen Welt. Eine Weinauswahl mit rund 400 Etiketten lagert hier…
Ersonnen wurde der Name von der Familie Mayr, seit 1881 im Besitz des Gebäudes aus dem 13. Jahrhundert!
Als eines der ältesten Häuser Brixens diente es den Domherren damals als Behausung. 1743 allerdings zogen die Domherren aus und schenkten hier den sogenannten «Zehentwein» aus, der ihnen als Zinsleistung abgegeben werden musste.
Um die Nachtruhe für die Umgebung zu wahren, musste der Ausschank mit Einbruch der Dunkelheit beendet sein und kein Licht durfte angezündet werden.
Die geneigte Leserin ahnt schon, worauf das unweigerlich hinausführen musste: Man wollte die Regel nicht päpstlicher als der Papst auslegen und trank also munter im Dunkeln weiter.
Rasch hatte der Volksmund den Namen «Finsterwirt» parat und bis zum heutigen Tage wird hier unter diesem Namen ausgeschenkt.
Allerdings auch mal bei Licht. Und im Obergeschoss. Hier oben ist die Täfelung denn auch entsprechend schwer und das Mobiliar aus Massivholz.
Im Erdgeschoss hat sich der jüngste Spross der Familie, Christoph Mayr, den Traum einer Weinbar mit kleinem Restaurant erfüllt.
Das «Vitis by Finsterwirt», eine Önothek mit Küche, bietet in modernem Ambiente einen leichtfüssigen Kontrast zum Oberstübli.
Alle Weine kann man praktischerweise glasweise probieren und im Wineshop kaufen. Darunter auch sämtliche Weine der 20 Eisacktaler Winzer. Und das erst noch zu ab-Hof-Preisen, d.h. ohne Preisaufschlag des Wiederverkäufers.
Wenn die im Mittelalter das gewusst hätten…
Offensichtlich gaben die Vorfahren der Mayrs ihren feinen Kunstsinn an die Nachfahren weiter: Der Grossonkel des heutigen Wirts Hermann Mayr war immerhin der Gründer des Brixner Museums und richtete das «Künstlerstübele» ein. Mayr machte den Finsterwirt so weitherum bekannt, dass die damalige Monarchie zu Stammgästen des Hauses avancierte…
Architektur der Vitis Vinothek
Dem historischen Gemäuer wurde bewusst eine moderne Inneneinrichtung aus hochwertigen Materialien entgegengesetzt: Schnörkellose Möbel aus Eichenholz, einer wichtigen Komponente der Reifung des Weines, kontrastieren elegant mit schwarzem Metall. Die dekorativen Stühle bilden wiederum eine gelungene Symbiose aus Alt und Neu.
Im Sommer begeistert das Vitis mit einem lauschigen Innenhofgarten, umrankt von Weinreben und ihrem wohltuenden Schatten.
Das Vitis avancierte damit schnell zu einem geselligen und schicken Treffpunkt für Weinliebhaber. Wir haben jedenfalls Glück, als wir am Mittag den letzten freien Tisch ergattern können.
Anreise
Brixen ist via Brenner-Autobahn leicht zu erreichen.
Parkplätze: Am besten parkt man in der Kurzparkzone in Stufels oder in den gut ausgewiesenen Parkgaragen am Stadtrand von Brixen – von dort sind es jeweils 5 Gehminuten bis zum Stadtzentrum und ins Vitis.
Adresse
Vinothek Vitis
Domgasse 3 (Wobei «Vicolo del Duomo 3» klingt abenteuerlicher ;-)
I-39042 Brixen – Südtirol
Telefon: +39 0472 835343
Webseite: adlerbrixen.com/vinothek-vitis
Wie üblich in beliebten Restaurants empfiehlt sich auch hier eine Tischreservation. Man befindet sich zwar in Italien, aber das Personal spricht fliessend Deutsch.
Und wer es lieber mittelalterlich mag, den Finsterwirt findet man unter adlerbrixen.com/restaurant-finsterwirt. Gemäss Website sieht das Essen allerdings recht modern aus?
Öffnungszeiten
Aperitivo von 10.00 – 15.00 Uhr und 17.00 – 23.00 Uhr
Küche: Mittags von 11.30 – 14.45 Uhr und am Abend von 18.30 – 21.45 Uhr
Ruhetag: Sonntag und Montag (ausser an Feiertagen)
Reservation per Telefon: +39 0472 835343
Auch einen Besuch Wert ist das Hotel Weingut Pacherhof. So als Geheimtipp ;-) Hier das Reisememo von Simone Ott.
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Na dann ein herzhaftes «Prost»!