Auf dem Tagesausflug ins Sarntal öffneten uns Handwerksbetriebe die Türen, hiessen uns herzlich willkommen und liessen uns einen Blick über ihre Schultern werfen.
Der Federkielsticker Ulrich Thaler, sein Bruder Georg und drei MitarbeiterInnen besticken bereits in 3. Generation Leder mit Streifen gespaltener Pfauenfederkiele und fertigen zum Beispiel die zur Sarner Tracht gehörenden Trachtengurte an. Im Juli, wenn der Pfau sein Federkleid verliert, bekommen die Federkielsticker die notwendigen Federkiele von lokalen Bauern.
Geschick und Fingerfertigkeit sowie eine gute Portion Geduld sind in diesem Beruf erforderlich. Man arbeitet gut und gerne 3 Monate an einem einzigen Stück. Aus den feinen Pfauenfederstreifen werden kunstvolle Motive ins Leder gestickt. Wie man den Kiel in diese feinen Streifen spaltet, bleibt auch auf meine Nachfrage unter Verschluss… Firmengeheimnis.
Auf meine Frage, welches Gefühl einen überkommt, wenn man ein altes Stück zur Aufbearbeitung in Händen hält, schmunzelt Ulrich Thaler: Stolz und Respekt, kein Stück gleicht dem anderen. Jedes ist ein Unikat und somit ist es unmöglich, ein identisches Duplikat davon herzustellen.
Ein deutsches Luxus-Modeunternehmen hätte vor einiger Zeit für das Besticken einer Lederjacke angefragt, erzählte er mir. Der Auftrag sei nicht zustande gekommen. Es scheiterte an der Stückzahl. 10’000 seien dann einfach zu viele gewesen … Für mich ein schöner Gedanke, nicht immer liegt der Erfolg in der Menge.
Federkielstickerei Thaler | Rohrerstrasse 41 | I-39058 Sarnthein | www.federkielstickerei.com
In der Werkstatt der Drechslerei Fritz flogen anschliessend gekonnt Späne.
Heimelig der Duft von Zirbelholz, das wir Schweizer als Arve kennen und lieben. Wenn es hölzig wird, fühle ich mich Zuhause. Erschnuppere ich Holz, Harz und Lack, dann fühle ich mich gut aufgehoben. Wie bei meinem Vater in der Schreinerei. Fritz Unterkalmsteiner liess uns eintauchen in seine Welt und drechselte uns einen echten Sarner-Zirbel-Teller, den wir anschliessend mit dem Brennkolben mehr oder weniger gekonnt mit einem Sarner Trachtenhut brandmarkten.
Ein gedrechseltes Zirbelholz-Produkt mit 3 Rillen kommt aus dem Sarntal, weist es noch zwei weitere auf, ist es von der Drechslerei Fritz.
In seiner Werkstatt sind Hocker für die EXPO 2015 Milano entstanden. Seine Uhr, die rückwärts läuft, hat ca. 2 Minuten Verzug pro Tag. Das ist nicht weiter schlimm. Sie soll den Menschen daran erinnern, das Leben auch mal von einer anderen Seite anzuschauen …
Den Speck, den ich nach Hause nahm, habe ich Zuhause ganz authentisch aufgetischt.
Drechslerei Fritz | Steet 37/A | I-39058 Sarnthein | www.drechslerei-fritz.com
In der Handweberei Unterweger band sich Albert Unterweger bei unserer Ankunft gerade seine ebenfalls blaue Schürze um und setzte sich dann für uns an den alten Webstuhl und liess das Schiffchen durch die Kettfäden schiessen.
Ich war berührt von der alten Kardiermaschine, auf der schon seine Grossmutter die Schafwolle kardierte. Und ich war beeindruckt vom Handwerk, denn auch hier wird Handarbeit grossgeschrieben. Alle Schafwolle, die ins Haus kommt, wird von Hand sortiert und gewaschen. Jedes einzelne Flies wird kontrolliert. Surrt die Wollprobe nicht, wenn man sie am Ohr leicht zupft, war das Schaf krank und seine Wolle wird aussortiert. Gesponnen wird selbstverständlich hausintern.
So entstehen gewobene und gestrickte Produkte von höchster Qualität.
Handweberei Unterweger | Steet 26/A | I-39058 Sarnthein | www.unterweger.bz
Vor über 10 Jahren haben sich vier Handwerker aus dem Sarntal zusammengetan, um gemeinsam die jahrhundertalte Handwerktradition und althergebrachte Fertigungstechniken weit über das Tal hinaus bekannt zu machen. Sarner Gschick, was für ein sinniger Name www.sarner-gschick.com
Alle meine Bilder aus dem Südtirol sind in diesem Flickr-Album publiziert.
Weitere spannende Einblicke in den traditionellen Brauchtum und das Kulturgut im Sarntal findest du in diesem Bericht.
Ich bedanke mich bei allen Protagonisten für den unvergesslichen Tag. Danke für die Zeit, die Ihr uns geschenkt habt. Ebenso ein herzliches Dankeschön an Booking Südtirol www.bookingsuedtirol.com für die Einladung sowie an Eva Ploner, Ulrike Platter und Elisa Casagrande von daviso pr agency für die Organisation und die Begleitung.